Highlights vom ECNP 2021 – Tag 2 – 3. Oktober

Willkommen bei der Live-Berichterstattung von Progress in Mind zum ECNP 2021. Dieser 34. Kongress des European College of Neuropsychopharmacology – Lissabon 2021 wurde heute, am 3. Oktober, fortgesetzt. Die Kongressteilnehmer erhielten ein Morgenprogramm vor Ort und die Fernteilnehmer trafen online zur Mittagszeit hinzu. Die heutigen Präsentationen reichten von neuen Erkenntnissen zu Schizophrenie, Depression und Alzheimer dazu, wie neue Technologien zur Erklärung der Neurobiologie von Gesundheit und Krankheit beitragen. Hier ist eine Zusammenfassung der heutigen (Tag 2) Highlights aus diesem interessanten Diskussionen in Lissabon.

Ungedeckte Bedürfnisse bei psychiatrischen Erkrankungen

Fünf Satellitensymposien beinhalteten die Diskussion folgender Themen:

  • Wie kann die individuelle Auswahl der Therapie bei Schizophrenie einer Person zu einer funktionellen Genesung verhelfen1; die Auswirkungen kognitiver Beeinträchtigungen und wie man sie am besten handhabt; Spuren vom „Amin-assoziiertem Rezeptor 1“ als therapeutisches Ziel; und ungedeckter Bedarf bei therapieresistenter Schizophrenie
  • Wie Insomnie in Zusammenhang mit mehreren Komorbiditäten steht und mögliche neue Behandlungen
  • Ungedeckter Bedarf bei therapieresistenter Depression

Bei Depressionen, Schizophrenie und Insomnie gibt es noch viele unerfüllte Behandlungsbedürfnisse

Fünf „Campfire-Sessions“ ermöglichten eine Diskussion im kleinen Rahmen über:

  • Aberrante Insulinsignalisierung bei Demenz und psychiatrischen Erkrankungen2; Schließung der Langlebigkeitslücke bei psychotischen Störungen; die Rolle der Luftverschmutzung für Kognition, Verhalten und psychomotorische Entwicklung; ein digitales Hilfsmittel, um Menschen mit PTSD zu helfen; und ob es auch zukünftig „Hybrid“-Konferenzen geben sollte

Möglicherweise gibt es auch in Zukunft Hybrid-Konferenzen

Diskussionen über COVID-19, In-vitro-Modelle und neue Ansatzpunkte bei Alzheimer

Drei „Brainstorming-Sessions“ umfassten kurze Präsentationen gefolgt von längeren Diskussionen

  • Es gibt eine auffallend hohe Rate von Depressionen nach einer COVID-19-Infektion3; es wurde diskutiert, ob es sich um eine eigenständige Entität handelt und welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt
  • Induzierte pluripotente Stammzellmodelle stellen eine Möglichkeit dar, das Gehirn zu modellieren4, aber inwieweit können sie das komplexe Zusammenspiel aufdecken, das im Zentralnervensystem bei einer psychiatrischen Erkrankung auftritt?
  • Die Amyloid-Kaskaden-Hypothese der Alzheimer-Ätiologie gilt möglicherweise nicht für alle Fälle, mit anderen potenziellen Pathogenesewegen und neuen Ansatzpunkten für die Pharmakotherapie5

Es gibt besorgniserregende Zahlen neuer Fälle psychiatrischer Erkrankungen, einschließlich Depressionen und Angstzuständen, nach einer COVID-19-Infektion

Die neuesten Erkenntnisse zu Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung (ADHS), Gedächtnis, emotionaler Regulation und Schwangerschaft

Sechs Symposium befassten sich mit einigen Schlüsselthemen von psychiatrischen Erkrankungen

  • Komorbide ADHS, Stimmungs-, Angst- und Substanzkonsumstörungen können die Lebensqualität stark beeinträchtigen; hier wurden epidemiologische Befunde, gemeinsame genetische Pfade und Daten aus klinischen Studien zu nicht pharmakologischen Therapien vorgestellt6
  • Die neuesten Studien zur Gedächtnisplastizität wurden verwendet, um aufzuzeigen, ob neue pharmakotherapeutische Ansatzpunkte geeignet sind, maladaptive Verhaltensmuster bei Sucht und Stress zu bekämpfen
  • Außerdem wurde vorgestellt, wie modernste Technologien Hinweise auf die molekularen und zellulären Auswirkungen von Stress auf das Gedächtnis und therapeutische Ziele geben können
  • Emotionale Regulation kann in der Adoleszenz besonders schwierig sein und es wurde untersucht, wie dies quantifiziert und gezielt behandelt werden kann7
  • Daten aus Neuroimaging und genomischen Modalitäten können mithilfe von maschinellen und Deep-Learning-Techniken genutzt werden, um Hinweise auf die Gehirnfunktion bei Gesundheit und Krankheit zu geben
  • Es wurde ein Überblick über Gehirnveränderungen in der Schwangerschaft und nach der Geburt sowie Assoziationen mit affektiven Störungen gegeben

Neue Technologien enthüllen die Neurobiologie von Gedächtnis, Stress und Schwangerschaft

Stressbewältigung

Der Plenarvortrag von Professor Carmen Sandi konzentrierte sich auf die Beteiligung der mitochondrialen Funktion und des Stoffwechsels im Nucleus accumbens, dem „Motivationszentrum“ des Gehirns, was zu einem Verständnis von Stressanfälligkeit und Depressionen und Angstkomorbidität geführt hat.8

Der Plenarvortrag von Dr. Annamaria Cattaneo untersuchte die Umstände, unter denen Stress im frühen Kindesalter zur Entwicklung psychiatrischer Störungen führen kann, sowie die zugrunde liegenden molekularen Mechanismen.

„Interaktive Format“-Sessions gaben den Teilnehmern die Möglichkeit, Erfahrungen der Forscher und Kliniker zu hören und darüber zu diskutieren; Gender- und Diversity-Fragen in den Hirnwissenschaften9; und digitale Phänotypisierung in der psychischen Gesundheit.

Referenzen

(1) Gorwood, P.; Bouju, S.; Deal, C.; Gary, C.; Delva, C.; Lancrenon, S.; Llorca, P. M. Predictive factors of functional remission in patients with early to mid-stage schizophrenia treated by long acting antipsychotics and the specific role of clinical remission. Psychiatry Res 2019, 281, 112560.

(2) Prevention and Remediation of Insulin Multimorbidity in Europe. https://prime-study.eu/.

(3) Taquet, M.; Geddes, J. R.; Husain, M.; Luciano, S.; Harrison, P. J. 6-month neurological and psychiatric outcomes in 236 379 survivors of COVID-19: a retrospective cohort study using electronic health records. Lancet Psychiatry 2021, 8, 416-427.

(4) Hartlaub, A. M.; McElroy, C. A.; Maitre, N. L.; Hester, M. E. Modeling Human Brain Circuitry Using Pluripotent Stem Cell Platforms. Frontiers in Pediatrics 2019, 7.

(5) Neff, R. A.; Wang, M.; Vatansever, S.; Guo, L.; Ming, C.; Wang, Q.; Wang, E.; Horgusluoglu-Moloch, E.; Song, W.-m.; Li, A.; Castranio, E. L.; TCW, J.; Ho, L.; Goate, A.; Fossati, V.; Noggle, S.; Gandy, S.; Ehrlich, M. E.; Katsel, P.; Schadt, E.; Cai, D.; Brennand, K. J.; Haroutunian, V.; Zhang, B. Molecular subtyping of Alzheimer’s disease using RNA sequencing data reveals novel mechanisms and targets. Science Advances 2021, 7, eabb5398.

(6) Genomic Relationships, Novel Loci, and Pleiotropic Mechanisms across Eight Psychiatric Disorders. Cell 2019, 179, 1469-1482.e1411.

(7) Wasserman, D.; Hoven, C. W.; Wasserman, C.; Wall, M.; Eisenberg, R.; Hadlaczky, G.; Kelleher, I.; Sarchiapone, M.; Apter, A.; Balazs, J.; Bobes, J.; Brunner, R.; Corcoran, P.; Cosman, D.; Guillemin, F.; Haring, C.; Iosue, M.; Kaess, M.; Kahn, J. P.; Keeley, H.; Musa, G. J.; Nemes, B.; Postuvan, V.; Saiz, P.; Reiter-Theil, S.; Varnik, A.; Varnik, P.; Carli, V. School-based suicide prevention programmes: the SEYLE cluster-randomised, controlled trial. Lancet 2015, 385, 1536-1544.

(8) Gebara, E.; Zanoletti, O.; Ghosal, S.; Grosse, J.; Schneider, B. L.; Knott, G.; Astori, S.; Sandi, C. Mitofusin-2 in the Nucleus Accumbens Regulates Anxiety and Depression-like Behaviors Through Mitochondrial and Neuronal Actions. Biol Psychiatry 2021, 89, 1033-1044.

(9) Thibaut, F. The role of sex and gender in neuropsychiatric disorders. Dialogues Clin Neurosci 2016, 18, 351-352.